Ist der Rückgang des EUR/USD um über 6% seit den September-Höchstständen übertrieben? Haben die Bären den "Trump-Faktor" zu stark eingepreist? Die derzeitige Konsolidierung des wichtigsten Währungspaares deutet darauf hin, dass Investoren ihre Positionen neu bewerten. Es gibt keine Garantie dafür, dass der neue US-Präsident seine ehrgeizigen Pläne umsetzen wird, und falls nicht, könnte der Euro unterbewertet sein. Zudem könnten sich Investoren auf Daten zur europäischen Geschäftstätigkeit im November vorbereiten.
Credit Agricole glaubt, dass die Divergenz zwischen der Fed und der Europäischen Zentralbank von den Finanzmärkten weniger ausgeprägt wahrgenommen wird, als es tatsächlich ist. Das Lohnwachstum in der Eurozone hat die höchsten Werte seit 1990 erreicht, was die Inflation ankurbeln sollte. Ebenso könnten Donald Trumps Zölle und die damit verbundene Schwächung des Euro den Lockerungszyklus der EZB verlangsamen, trotz anderslautender Kommentare des EZB-Rats.
Europäische Lohndynamik
Francois Villeroy de Galhau, Gouverneur der Bank von Frankreich, behauptet, dass die protektionistischen Maßnahmen des neuen US-Präsidenten die Pläne der EZB zur Lockerung der Geldpolitik nicht beeinflussen werden. Die Zinssenkung auf Einlagen im Oktober auf 3,25 % ist nicht die letzte, da die Risiken für das BIP-Wachstum aufgrund potenzieller Handelskriege eher nach unten geneigt sind.
Sein Kollege aus Griechenland, Yannis Stournaras, argumentiert, dass die EZB die Kreditkosten schnell auf ein neutrales Niveau bringen muss, das die Wirtschaft weder einschränkt noch stimuliert — geschätzt bei rund 2 %. Das Mitglied des EZB-Rats glaubt, dass die Zinsen bei jedem Treffen gesenkt werden sollten, bis sie dieses Niveau erreicht haben.
Einhundertfünfundzwanzig Basispunkte sind mehr, als die Märkte von der Fed erwarten, die prognostiziert wird, 2024 mit einer Wahrscheinlichkeit von 55 % eine Lockerungsmaßnahme der Geldpolitik und 2025 drei weitere durchzuführen. Dies könnte den Unterschied zugunsten der US-Zentralbank ausweiten und möglicherweise dazu führen, dass der EUR/USD-Kurs in Richtung Parität geht.
Trends des Federal Funds Rate
Auch die Experten von Reuters stimmen ähnlichen Prognosen zu. Von 106 Befragten erwarten 94 eine Zinssenkung der Fed im Dezember, im Vergleich zu nur 12, die keine Änderungen erwarten (ein Anstieg von 3 in der Oktober-Umfrage). Der Konsens deutet auf vierteljährliche Senkungen des Leitzinses in 2025 hin, mit einer Pause, die für Oktober bis Dezember erwartet wird. Der Zinssatz soll auf 3,75 % sinken, 50 Basispunkte höher als die vorherige Prognose.
Diese Schätzungen berücksichtigen wahrscheinlich sowohl Konjunkturpakete als auch Zölle von Donald Trump. Sollte der neue US-Präsident diese Maßnahmen jedoch nicht umsetzen, könnte die Fed ihre Maßnahmen beschleunigen, was sich negativ auf den US-Dollar auswirken würde.
Im Tageschart konsolidiert der EUR/USD innerhalb eines Abwärtstrends. Ein Ausbruch über die 1,061-Marke würde den Bullen ermöglichen, eine Korrektur einzuleiten. Umgekehrt könnte ein erfolgreicher Test der unteren Grenze bei 1,051 den Weg ebnen, um neue Short-Positionen zu etablieren oder bestehende zu erhöhen.
