Der Euro zieht sich vorsichtig zurück, besorgt über einen möglichen Handelskrieg zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, während der Dollar auf dem Weg zu seinem schlechtesten Monat seit über einem Jahr ist. Fünf aufeinanderfolgende Rückgänge des EUR/USD-Kurses haben die Position des Greenbacks leicht verbessert, doch die Wahrheit lässt sich nur schwer ignorieren—weit verbreitete Enttäuschung über die Politik von Donald Trump veranlasst Händler, den Dollar zu verkaufen.
Spekulanten sind zum ersten Mal seit der Präsidentschaftswahl im November Nettoverkäufer des US-Dollars geworden. Citigroup hat seine Prognose für den Dollar in den nächsten 6 und 12 Monaten gesenkt, und Crédit Agricole erwartet ebenfalls einen Rückgang des USD-Index. Die Bank gibt zu, die Auswirkungen von Handelskriegen, Entlassungen im öffentlichen Sektor und Einwanderungsbeschränkungen auf die US-Wirtschaft unterschätzt zu haben. Ihren Aussichten zufolge wird sich die Wirtschaft schneller abkühlen als erwartet, was einen Grund bietet, EUR/USD zu kaufen.
Spekulative Positionierung beim US-Dollar

Vor der Amtseinführung des 47. Präsidenten war der Markt davon überzeugt, dass die Zölle des Weißen Hauses anderen Volkswirtschaften mehr schaden würden als den USA. Jüngste Daten deuten jedoch auf das Gegenteil hin. Schwache Einzelhandelsumsätze, Verbrauchervertrauen und Geschäftstätigkeit in den USA deuten auf ein mögliches Wachstumsschwäche des BIP im ersten Quartal hin. Europa profitiert im Gegensatz dazu von der verfrühten Abwicklung von US-Importen vor den Zöllen und dem fiskalischen Stimulus in Deutschland.
Steigende europäische Einkaufsmanagerindizes, Geschäftsklimaindikatoren und das Verbrauchervertrauen verleihen dem EUR/USD einen bullischen Ton. Zwar schwebt die Zollbedrohung der USA immer noch über der Eurozone, doch es handelt sich um ein zweischneidiges Schwert. Der Gouverneur der Bank of France, Francois Villeroy de Galhau, erklärte, dass die Tragödie der Politik von Donald Trump darin bestehe, dass ein Szenario mit einem wirtschaftlichen Gewinn für alle durch ein solches ersetzt werde, bei dem schließlich alle verlieren.
Je mehr Zölle auferlegt werden, desto höher ist das Risiko einer Rezession in den USA. Das Weiße Haus ist sich dessen bewusst, weshalb sich in den Medien zunehmend Gerüchte über selektive Zölle, Verzögerungen bei Abgaben auf Autoimporte, Halbleiter und pharmazeutische Produkte sowie die mögliche Streichung bestimmter Länder von der Schwarzen Liste verbreiten. Niemand weiß, wie das Ergebnis aussehen wird.

Trotzdem bleibt ein groß angelegter Handelskrieg zwischen den USA und der EU der Hauptrisikofaktor für den Aufwärtstrend von EUR/USD. Das deutsche Konjunkturpaket könnte den Schlag für die Wirtschaft der Eurozone abfedern, wird ihn jedoch nicht vollständig beseitigen. Derweil bereitet das Weiße Haus Steuerkürzungen vor, die den US-Dollar stützen könnten. Es gibt viele mögliche Entwicklungen—Händler müssen ihre Erwartungen und Positionen entsprechend anpassen.
Auf dem täglichen EUR/USD-Chart haben Bären das Paar von seinem fairen Wert bei 1,0845 weggezogen. Ein Durchbruch unter das lokale Tief bei 1,0775 könnte den Rückgang verlängern. Ein Aufschwung von 1,0715 würde jedoch als Kaufsignal dienen.