Der Sturm an der US-Aktienbörse zeigt keine Anzeichen einer Beruhigung. Der S&P 500 eröffnete mit einer Lücke in die zweite aufeinanderfolgende Handelssitzung—diesmal nach unten—nach Nachrichten über eine Eskalation im Handelskonflikt. Peking hat chinesischen Unternehmen im Wesentlichen untersagt, Geschäfte mit der US-amerikanischen Tochtergesellschaft des südkoreanischen Schiffbau-Riesen Hanwha Ocean zu machen. Doch positive Unternehmensgewinne und dovishe Kommentare von Jerome Powell halfen dem breiten Marktindex, die Volatilität zu meistern und sich zu erholen.
Finanzergebnisse großer Banken, darunter Goldman Sachs, JPMorgan Chase und Wells Fargo, übertrafen die Erwartungen, während BlackRock ankündigte, dass die verwalteten Vermögenswerte erstmals in der Geschichte die Marke von 13 Billionen Dollar überschritten haben. Laut FactSet sollen die Gewinne der S&P 500-Unternehmen im dritten Quartal um 8% steigen. Die tatsächlichen Zahlen könnten näher an 13% liegen. Historisch gesehen haben die Gewinne in drei von vier Quartalen die Schätzungen übertroffen, was eine starke Unterstützung für den US-Aktienmarkt war.
Auf der anderen Seite ist der Bullenmarkt des S&P 500 nun in sein viertes Jahr eingetreten, und der Index hat in 97 Handelssitzungen keinen Rückgang von mindestens 5% erlebt. Der langfristige Durchschnitt für solche Phasen liegt bei nur 59 Tagen. Dies wirft die Frage auf: Ist es Zeit für eine Korrektur?
Chart: S&P 500 ohne 5% Rückgänge
Eine Rückkehr von Spannungen im Handelskrieg könnte der Auslöser sein. Peking spielt mit harten Bandagen – es scheint, als hätte es Donald Trumps Achillesferse gefunden: seine Abneigung, sinkende Aktienindizes zu sehen. Der Präsident betrachtet sie als persönlichen Erfolgsindikator. Nachdem der Markt geschlossen hatte, kündigte er 100% Zölle an, nur um die Öffentlichkeit kurze Zeit später in den sozialen Medien mit Beiträgen wie "Alles wird gut mit China" und "Die Vereinigten Staaten wollen China nicht schaden; wir wollen helfen!" zu beruhigen.
Märkte reagieren schnell auf Nachrichten aus dem Weißen Haus und kaufen weiterhin bei Rücksetzern des S&P 500 nach der TACO-Strategie. Aber China könnte durchaus glauben, dass Trump schließlich nachgeben wird. Wenn nicht, könnte der Stillstand in einen ausgewachsenen Handelskrieg eskalieren, was eine bedeutende Korrektur im S&P 500 auslösen und sowohl die US-amerikanische als auch die globale Wirtschaft belasten könnte. Die Fed hätte dann keine andere Wahl, als die Zinsen aggressiv zu senken.
Jerome Powell gab keinen konkreten Hinweis darauf, dass im Oktober eine weitere Runde der geldpolitischen Lockerung stattfinden würde. Er bemerkte jedoch, dass ein anhaltender Rückgang des Beschäftigungswachstums letztlich zu einer höheren Arbeitslosigkeit führen würde. Trotz einer weiteren Runde von Spannungen zwischen Peking und Washington konnte der S&P 500 leicht zulegen, zog sich jedoch etwas zurück, als die Nachrichten über die Handelskonflikte sich legten. China stoppte den Kauf von Sojabohnen aus den USA, und im Gegenzug wird die USA aufhören, Pflanzenöl von chinesischen Exporteuren zu kaufen.
Aus technischer Sicht hat der S&P 500 auf dem Tages-Chart zweimal ein Inside-Bar-Muster getestet. Die Bullen konnten bislang keine Sitzung über dem fairen Wert auf dem Niveau von 6655 schließen. Ein Ausbruch über das Hoch der großen Kerze bei 6680 wäre ein Kaufsignal. Andererseits würde ein Scheitern bei der Rückeroberung des Widerstands bei 6655 die Wahrscheinlichkeit einer Korrektur erhöhen und den Fall für das Eingehen von Short-Positionen stärken.
