Die Ölpreise haben sich Anfang November nach einem längeren Rückgang leicht erholt. Investoren, die müde von Diskussionen über ein Überangebot waren, haben endlich ein Signal bekommen, eine Verschnaufpause einzulegen: Sanktionen gegen russische Unternehmen wirken sich nun spürbar auf die Angebotsmengen aus. Dies hat die Sorgen eines übergesättigten Marktes etwas gelindert, auch wenn die Situation grundsätzlich uneindeutig bleibt.
Bescheidenes Wachstum nach dem Rückgang
Nach drei Monaten fallender Preise haben sich die Ölnotierungen endlich nach oben bewegt. Brent stieg um 0,6 % und erreichte 63,87 $ pro Barrel, während das US-amerikanische WTI um 0,7 % auf 59,99 $ zulegte. Dies ist ein leichter, aber symbolischer Anstieg: Die vorherigen Wochen endeten im Minus, mit Preisen, die auf Zweimonatstiefs fielen.
Der Hauptstützfaktor ist die Geopolitik. Die auf die größten russischen Unternehmen verhängten Sanktionen beeinträchtigen die Exportströme. Ausländische Vermögenswerte eines Schlüsselunternehmens haben Schwierigkeiten mit Transaktionen und dem Transport, was Bedenken hinsichtlich von Angebotsunterbrechungen aufkommen lässt. Der Markt reagierte sofort – wenn auch nicht mit einem Anstieg, so doch mit einer Stabilisierung des Rückgangs.
Dennoch bleiben Händler skeptisch gegenüber der langfristigen Wirksamkeit der Sanktionen. Ja, sie schaffen kurzfristige Volatilität, aber sie können den allgemeinen Trend nicht brechen. In der Praxis bleiben die Fundamentaldaten unverändert: Das Angebot steigt, während die Nachfrage hinterherhinkt.

Das Überangebot bleibt bestehen
Der Oktober markierte den dritten Monat in Folge mit Preisrückgängen. Der Grund ist klar: Die OPEC und ihre Verbündeten erhöhen weiterhin die Produktion, und auch bei den Nicht-OPEC-Akteuren steigt die Produktion an, was den Markt stark unter Druck setzt.
Laut Haitong Securities hat die Entscheidung von OPEC+, die Pläne zur Produktionssteigerung im ersten Quartal 2026 einzufrieren, dazu beigetragen, den Markt leicht zu stabilisieren. Ohne diese Maßnahme hätte der Rückgang noch deutlicher ausfallen können. Doch selbst mit den eingeführten Beschränkungen bleibt das Überangebot bestehen. Beispielweise stiegen die US-Ölvorräte letzte Woche um 5,2 Millionen Barrel und erreichten 421,2 Millionen. Dies ist ein klares Signal an den Markt: Es gibt zu viel Öl.
Zusätzlichen Druck übt Saudi-Arabien aus. Das Königreich senkte unerwartet die Ölexportpreise nach Asien, der größten und preissensitivsten Region. Dieser Schritt zeigt die Bereitschaft, Marktanteile zu sichern, selbst wenn dies bedeutet, vorübergehend auf Gewinn zu verzichten.
Nachfrage: Schwach und ohne Anzeichen von Beschleunigung
Wenn das Angebot den Markt überschwemmt, stagniert die Nachfrage offensichtlich. In dem Jahr bis zum 4. November stieg der weltweite Ölverbrauch nur um 850.000 Barrel pro Tag, während die Erwartungen höher lagen – bei fast 900.000. Diese geringe Diskrepanz mag unbedeutend erscheinen, aber in einem Markt, in dem jedes zusätzliche Barrel zählt, ist sie von Bedeutung.
Die Lage in den USA ist besonders besorgniserregend. Hochfrequente Indikatoren zeigen, dass die Transportaktivitäten und das Containertransportvolumen schwach bleiben. Das bedeutet, dass der inländische Kraftstoffverbrauch nicht wächst und es somit keine Grundlage für eine umfassende Preisrückgewinnung gibt.
Solange die Nachfrage nicht anzieht, werden kurzfristige Preisspitzen bei Öl als technische Rückschläge und nicht als Beginn eines neuen Wachstumszyklus betrachtet.

Prognose: Wachstum in Frage
Analysten schlagen zunehmend vor, dass es für Öl schwierig sein könnte, aus seiner aktuellen Spanne auszubrechen. Selbst mit Sanktionen gegen Russland und potenziellen Kürzungen von OPEC+ zieht die schwache Nachfrage die Preise nach unten.
Die kurzfristigen Aussichten sind pessimistisch: Es wird erwartet, dass Brent bis Ende 2025 auf 60 US-Dollar pro Barrel fällt und bis Ende 2026 auf 50 US-Dollar.
Eine solche Prognose spiegelt die Realität wider: Solange das globale Wirtschaftswachstum schleppend bleibt und alternative Energiequellen sich entwickeln, verliert der Ölmarkt seine Treiber. Sogar die Geopolitik, die einst Preisspitzen verursachen konnte, hat heute nur noch einen kurzfristigen Einfluss.
Fazit
Der Anstieg der Ölpreise Anfang November ist eher eine Atempause als ein Wendepunkt. Sanktionen haben ein vorübergehendes Interesse geweckt, aber die fundamentale Lage bleibt schwach: Die Produktion nimmt zu, die Nachfrage hinkt hinterher, und die Bestände wachsen weiter.
Der Markt bewegt sich auf ein neues Gleichgewicht zu, bei dem ein Preis von etwa 60 US-Dollar pro Barrel zunehmend als selbstverständlich erscheint. Öl reagiert nicht mehr so heftig auf Neuigkeiten wie früher. Die Investoren warten auf klare Anzeichen eines Trendwechsels und handeln bis dahin vorsichtig über kurze Strecken, wobei sie an einem langfristigen Wachstum zweifeln.
Öl bleibt in einer Warteschleife. Obwohl es in dieser Woche leicht im Preis gestiegen ist, zeigt der Markt eindeutig, dass es für eine bedeutende Aufwärtsbewegung noch zu früh ist.