Der Ölmarkt hat wieder an Fahrt aufgenommen: Seit Beginn der letzten Woche hat Brent um mehr als 12% zugelegt, und dieser Schwung wird nicht nur durch Lärm, sondern durch reale Ereignisse angetrieben. Der Hauptkatalysator war die neue Verhandlungsrunde zwischen den USA und China, die in der Ankündigung einer vorübergehenden Reduzierung der gegenseitigen Zölle mündete. Dies war ein willkommener Befreiungsschlag für Marktteilnehmer, die der ständigen Handelskonflikte müde waren.
Die Entspannung des geopolitischen Drucks auf anderen Schauplätzen – zwischen Russland und der Ukraine, Indien und Pakistan – hat bisher keine starke Marktreaktion ausgelöst. Dies zeigt, dass die Akteure eher auf die Handelsfront als auf die politische als Haupttreiber hinter der Nachfrageerholung setzen.
Weitere Unterstützung kam von Daten aus den USA. Die Anzahl der aktiven Bohranlagen sank innerhalb von zwei Wochen von 483 auf 474 – ein direktes Signal, dass die Produzenten nicht bereit sind, Verluste hinzunehmen, und dass sich der Markt allmählich an bisherige Preisrealitäten anpasst.
Die Produktion sank von 13,46 Millionen auf 13,37 Millionen Barrel pro Tag. Auch die kommerziellen Lagerbestände haben sich gegen die saisonale Erwartung entwickelt und fielen in den letzten zwei Wochen um 2 Millionen und 2,7 Millionen Barrel. Das sind mehr als nur Zahlen; sie sind ein Beweis für die robuste Nachfrage inmitten wirtschaftlicher Unsicherheiten.
Gasrallye
Auch der Erdgassektor blieb von der Rallye nicht unberührt. Nachdem er im Frühjahr rückläufig war, brachen die Henry Hub-Futures über das Niveau von $3,70 pro MMBtu und näherten sich dem Maihoch von $3,80. Ein Rückgang der Produktion im kontinentalen Teil der USA von 105,8 auf 103,7 Milliarden Kubikfuß pro Tag hat den Markt unterstützt.
Trotz eines vorübergehenden Rückgangs der LNG-Exporte auf 15,1 Milliarden Kubikfuß pro Tag aufgrund von Wartungsarbeiten an wichtigen Terminals bleibt der breitere Ausblick moderat optimistisch. Ende Mai könnten Temperaturprognosen die Nachfrage nach Kühlung weiter ankurbeln, wenn auch in bescheidenem Umfang.
Technischer Ausblick für Öl und Gas
Die wichtige Widerstandszone für Brent liegt bei $67 – ehemals eine Unterstützungsmarke, die im April verloren ging. Ein Durchbruch und Schluss über dieses Niveau würde den Weg in Richtung $71 öffnen und möglicherweise eine vollständige Trendwende signalisieren.
Ähnlich verhält es sich bei WTI, der entscheidende Wert liegt bei $64, gefolgt von $68. Nur ein deutlicher Schlusskurs über diesen Niveaus würde eine Umkehr bestätigen und das Ende der Korrekturphase signalisieren, mit einem Wachstum von mehr als 20% gegenüber den Tiefstständen im Mai - was technisch den Beginn eines Bullenmarktes markiert.
Die Unterstützung für Brent bleibt bei etwa $62,5 und für WTI bei $59. Ein Fall darunter könnte einen Rückgang zu den Tiefstständen im April auslösen.
Auch bei Erdgas zeigen sich ähnliche Dynamiken. Der Widerstand liegt bei $3,80, das nächste Ziel bei $4,20. Die Unterstützung liegt bei $3,50 und $3,35. Der technische RSI-Indikator nähert sich dem überkauften Bereich, signalisiert jedoch noch keine Umkehr, solange der Preis über $3,70 bleibt.
Schlussfolgerung
Das lokale Momentum ist stark, doch eine bestätigte Trendwende erfordert mehr Überzeugung, sowohl technisch als auch bei den Nachrichten. Erdgas testet vorsichtig die Oberseite, angesichts einer reduzierten Versorgung und geringer saisonaler Nachfrage. Die bullischen Wetten bleiben bestehen, aber ein bestätigtes Bullentrend-Szenario wird in den nächsten ein bis zwei Wochen Bestätigung benötigen.
