Was neu ist, ist oft einfach das, was längst vergessen wurde. Während der Frühling zu Ende geht, erlebt das längst verworfene Mantra "Verkauft Amerika" ein Comeback an den Märkten. Der Satz gewann an Zugkraft nach Donald Trumps umfangreichen Zollmaßnahmen Anfang April, die die Ängste vor einer möglichen Rezession in den USA verstärkten. Heute steht die Vereinigte Staaten vor einer anderen Herausforderung – einer fiskalischen. Und der Dollar ist nicht mehr die Fluchtwährung, die in Stresszeiten automatisch an Wert gewinnt. Dennoch schmälern die Drohungen des US-Präsidenten gegenüber der Europäischen Union die Flügel des EUR/USD-Paares.
Wenn die US-Bundesschulden in der Tat über das nächste Jahrzehnt auf 134% des BIP steigen, wie von Moody's prognostiziert, sind Investoren gerechtfertigt, eine höhere Entschädigung für das Risiko zu verlangen. Die sogenannte Termprämie am US-Anleihemarkt ist auf das höchste Niveau seit 2014 angestiegen. Dies unterstreicht die Tiefe der Marktunbehaglichkeit gegenüber dem Steuerkürzungsvorschlag der Republikaner.
Diagramm: US Treasury Term Premium Trend

Fiskalische Probleme untergraben das Vertrauen in den US-Dollar. Laut Deutsche Bank stellen Amerikas fiskalische Schwierigkeiten eine größere Bedrohung für den Greenback dar als für Staatsanleihen. Inländische Käufer werden wahrscheinlich weiterhin Staatsschulden absorbieren, aber die Zurückhaltung ausländischer Käufer könnte ein weiterer Sargnagel für den US-Dollar-Index sein.
Das Weiße Haus verfolgt jedoch seine eigene Agenda. Ohne auf das Wochenende zu warten — um die Aktienmärkte nicht zu erschüttern — drohte Donald Trump, einen 50%igen Zoll auf Waren aus der Europäischen Union zu verhängen. Er argumentierte, dass die aktuellen Gespräche zwischen Washington und Brüssel ins Stocken geraten seien, dass Verhandlungen mit Europa schwierig seien und dass es Zeit sei, dass sie "in Bewegung kommen". Wenn nicht, treten ab dem 1. Juni höhere Importzölle in Kraft.
Die Märkte bereiten sich nun auf einen neuen Handelskrieg vor. Während sich die USA relativ schnell mit China einigen konnten, könnte dasselbe mit der EU schwieriger werden. Brüssel bereitet Gegenmaßnahmen vor, und gegenseitige Zölle werden wahrscheinlich sowohl der amerikanischen als auch der europäischen Wirtschaft schaden. Die Geschäftstätigkeit in der Eurozone sendet bereits Warnsignale aus, also was passiert, wenn 50%ige Zölle greifen?
Der einzige mögliche Rettungsanker scheint die fortgesetzte geldpolitische Lockerung durch die Europäische Zentralbank zu sein. Eine deutliche Verlangsamung des durchschnittlichen Lohnwachstums, das derzeit den niedrigsten Stand seit Ende 2021 erreicht hat, deutet darauf hin, dass der Rat viel Spielraum für Zinssenkungen hat.
Diagramm: Wachstumstrend der durchschnittlichen Löhne in der Eurozone


So while fiskalische Herausforderungen auf dem US-Dollar lasten, ist die Unfähigkeit der USA und der Europäischen Union, zügig einen Kompromiss zu erzielen, ein klarer negativer Faktor für den Euro, ausgelöst durch die Angst, einen Handelskrieg zu verlieren. Dieses Gleichgewicht der Risiken erhöht die Chancen einer Konsolidierung im EUR/USD-Paar weiter.
Technisch gesehen zeigt das Tagesdiagramm einen Kampf um den fairen Wert, der sich in der Nähe der 1,134-Marke befindet. Ein Sieg für die Bullen würde es ihnen ermöglichen, Long-Positionen auszubauen, die während des Rückgangs des Euros unter $1,13 aufgebaut wurden. Umgekehrt, wenn die Bären die Kontrolle über dieses wichtige Niveau behalten, müssen Investoren auf einen tieferen Rückgang des EUR/USD warten, um neue Long-Positionen einzugehen.