Wird Donald Trump den Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome Powell, seines Amtes entheben? Das ist keine hypothetische Frage. Auf den ersten Blick scheint die Antwort offensichtlich – „nein“. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA im Juni (mehr dazu unten) könnte eine solche Spekulation weit hergeholt erscheinen. Doch den jüngsten Aussagen von hochrangigen amerikanischen Politikern und Beamten nach zu urteilen, steht die Frage immer noch ganz oben auf der Agenda des Weißen Hauses – obwohl Powells Amtszeit als Fed-Vorsitzender in nur 10 Monaten und 1 Tag am 15. Mai 2026 endet.
Also, was bezwecken Trumps fortgesetzte Angriffe auf Powell, wenn das Gesetz ihn vor einer vorzeitigen Entlassung schützt? Und wie könnte diese Situation den US-Dollar beeinflussen?

Trump hat den Vorsitzenden der Fed erneut öffentlich kritisiert und erklärt, es "wäre großartig, wenn er freiwillig zurücktreten würde." Er ging sogar weiter und behauptete, dass Powell darüber nachdenke, genau das zu tun: "Ich bin ermutigt durch Informationen, die darauf hindeuten, dass er bereit ist, zurückzutreten." Trump bezog sich dabei vermutlich nicht auf Medienberichte, sondern auf einen Kommentar des Insiders Bill Pulte, Leiter der Federal Housing Finance Agency, der behauptete, Powell habe zugestimmt, seine Position freiwillig aufzugeben.
Powell selbst hat solche Absichten wiederholt bestritten. Er erklärte, es gebe keine rechtlichen Gründe für seine Absetzung und er plane nicht, zurückzutreten.
Hier wird es ernst:
Das Weiße Haus äußert nicht mehr nur politische Beschwerden über Powell (wie etwa seine angebliche Langsamkeit bei der Lockerung der Geldpolitik), sondern wirft ihm nun finanzielles Missmanagement vor — ein Vorwurf, der rechtlichen Bestand haben und als formaler Entlassungsgrund dienen könnte.
Im Mai entschied der Oberste Gerichtshof der USA im Fall Trump v. Wilcox, dass der Präsident Mitglieder unabhängiger Bundesbehörden (wie des NLRB) entlassen darf. Das Gericht machte jedoch eine Ausnahme für die Fed, die es als spezielle Einheit bezeichnete, die gegen personelle Veränderungen durch den Präsidenten gefeit ist.
Mit anderen Worten: Wenn Trump Powell allein wegen politischer Meinungsverschiedenheiten entlassen würde, wäre eine solche Anordnung wahrscheinlich gerichtlich rechtswidrig. Deshalb verfolgt das Weiße Haus einen anderen Weg:
Am Wochenende schlug Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hassett vor, dass der Präsident Powells Entlassung möglicherweise mit der Überschreitung der Ausgaben für Renovierungsarbeiten am Fed-Hauptquartier begründen könnte.
Der Skandal wurde von Russell Vought, dem Leiter des White House Office of Management and Budget, ins Leben gerufen, der Powell offen des "Missmanagements" beschuldigte und erklärte, dass das Renovierungsprojekt 600 Millionen Dollar über dem Budget liege. Das ursprüngliche Budget betrug 1,9 Milliarden Dollar, das inzwischen auf 2,5 Milliarden Dollar angestiegen ist. Vought kritisierte weiter, dass Powell einer übermäßig luxuriösen Renovierung zugestimmt habe, die Dachterrassengärten, VIP-Aufzüge, erstklassige Marmorausstattungen und sogar Brunnen umfasse.
Die Fed hat diese Vorwürfe zurückgewiesen und argumentiert, dass die Kostensteigerungen auf das Alter des Gebäudes (fast 100 Jahre) und die gesetzlichen Anforderungen zur Entfernung von Blei und Asbest zurückzuführen seien, die teuer, aber gesetzlich vorgeschrieben sind.
Dennoch sind die Anschuldigungen jetzt öffentlich. Vought hat offiziell eine Aufschlüsselung des Renovierungsbudgets der Fed angefordert und Powell hat den Generalinspekteur der Fed um eine interne Untersuchung des Hauptsitzprojekts gebeten.
Es ist wichtig zu beachten, dass gemäß dem Federal Reserve Act Mitglieder des Fed-Vorstands — einschließlich des Vorsitzenden — nur "for cause" entlassen werden können, also aufgrund eines rechtlich nachgewiesenen schweren Vergehens. Fahrlässigkeit oder Rechtsverletzungen zählen zu solchen Gründen. Daher könnte der Fall theoretisch die "for cause"-Schwelle erfüllen, sollte es der Fed nicht gelingen, sich gegen die Anschuldigungen des Missmanagements und der Mehrausgaben zu verteidigen.
Meiner Meinung nach erscheint die Budgetkontroverse jedoch eher ein politisches Instrument zu sein als ein ernsthaftes rechtliches Problem.
Schließlich erfordert "Missmanagement" im juristischen Sinne — insbesondere bei hochrangigen Beamten — mehr als nur Budgetüberschreitungen. Es muss schwerwiegendes Fehlverhalten, klare Verstöße gegen die Beschaffungsregeln oder, am wichtigsten, persönlichen Vorteil für Powell oder einen nachgewiesenen Interessenkonflikt beinhalten.
In diesem Fall handelte Powell nicht allein. Der Vorstand der Federal Reserve genehmigte die Renovierung als Kollektivorgan, und das Projekt wurde im Rahmen von Wettbewerbsverfahren, architektonischen Prüfungen und Umweltgutachten durchgeführt. Kostensteigerungen ergaben sich vor allem durch die Entfernung von Blei und Asbest.
Kurz gesagt, der Vorwurf der übermäßigen Ausgaben (d. h. Verschwendung) wirkt mehr politisch als rechtlich.
Gleichzeitig muss die Situation im Licht eines jüngsten Berichts des Wall Street Journal von Juni betrachtet werden, der nahelegt, dass Trump früh im Herbst oder sogar im August einen Nachfolger für Powell ernennen könnte, um Powells Position zu schwächen. Laut WSJ-Analysten würde ein solcher Schritt dem genannten Nachfolger erlauben, die Investorenerwartungen rund um zukünftige Zinssenkungen zu beeinflussen.
Falls sich dieser Bericht als korrekt erweist und die Anschuldigungen des "Missmanagements" weiter eskalieren (insbesondere seitens hochrangiger Weißes-Haus-Beamter), könnte Powells Position tatsächlich geschwächt werden. Bemerkenswert ist, dass Powell Gerüchte, er erwäge möglicherweise einen freiwilligen Rücktritt, nicht dementiert hat — er hat lediglich eine formale Prüfung des Renovierungsprojekts angefordert.
Die zunehmenden Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Fed und die anhaltenden Forderungen nach Zinssenkungen belasten den US-Dollar. Dies ist einer der wesentlichen fundamentalen Faktoren, die dem EUR/USD-Paar derzeit helfen, sich in der Spanne von 1.1680–1.1750 zu halten.
Selbst wenn der Renovierungsskandal bald abflaut (vorausgesetzt, die Prüfung ergibt keine Verstöße), wird das Weiße Haus wahrscheinlich weiterhin Druck auf Powell ausüben, zurückzutreten. Damit entsteht ein Damoklesschwert über dem Greenback — und ein weiteres Argument zugunsten von Long-Positionen auf EUR/USD.